Werbung macht besoffen, oder?
(Auszug aus dem Einladungstext für eine Werbeverbotsveranstaltung
im Jahre 2001)
zum
Veranstaltungsflyer
Werbung, ob für Produkte
oder politische Parteien ist ein eigen Ding und steht irgendwie
immer im Geruch des Manipulativen. Selten hat aber ein werbungsrelevantes
Thema Politik und Wirtschaft gleichermaßen so bewegt wie
die Forderung nach Werbeverboten für sogenannte Risikoprodukte.
Nachdem der EuGH im letzten Jahr
den Beschluß für ein generelles Tabakwerbeverbot aufgrund
mangelnder Zuständigkeit für nichtig erklärt hat, versucht
die EU-Kommission dieses mit dem Richtlinienvorschlag vom
30.Mai 2001 durch eine Hintertür einzuführen: Nun soll zumindest
ein Werbeverbot in grenzüberschreitenden Medien und Sponsor-Maßnahmen
durchgesetzt werden. Auch mehren sich inzwischen Stimmen
in Brüssel, die ähnliche Vorhaben für andere Produktpaletten
- z.B. Alkohol oder Medikamente - einfordern.
Der Aussage der EU-Experten „Werbung
verführe zum Konsum" stellt die Wirtschaft nicht nur
eine massive Öffentlichkeitskampagne, sondern auch wissenschaftliche
Studien gegenüber. Diese empirischen Untersuchungen sollen
belegen, dass die Werbung nachweisbar den Gesamtkonsum der
Produkte nicht erhöht. Denn erst Verbote „törnen" richtig
an und bringen gerade Jugendliche auf den unerwünschten
Geschmack.
Die Reaktion der Regulierer ist vorprogrammiert:
Warum denn solle die Industrie zwei- oder dreistellige Millionenbeträge
in Produktwerbung stecken, wenn sie davon keinen Mehrabsatz
warte?
Augenscheinlich ist aber auch und
zumeist unumstritten, dass primär das familiäre und soziale
Umfeld die generelle Konsummotivation und –bereitschaft
bestimmt. Werbung dagegen beeinflusst die Markenwahl.
Dieser Problematik wohnt allerdings
auch ein nicht unbedeutender ökonomischer Aspekt inne: Die
Werbebranche sowie Verlage befürchten gravierende negative
Auswirkungen, käme es genau zu diesen von der EU gewünschten
Regulierungsmaßnahmen. Denn über die Hälfte der Produktions-
und Vertriebskosten von Zeitungen wird derzeit durch Anzeigenwerbung
finanziert. Eine Verringerung dieser Erlöse dürfte den Druck
zu Konzentrationen in der Branche erhöhen. Schließungen
von Redaktionen und Entlassungen von Journalisten wären
die logische Konsequenz. Möglicherweise geht es bei der
Diskussion um das Für und Wider von Werbeverboten auch um
die für das Funktionieren von Demokratie wichtige Vielfalt
politischer Meinungen und Richtungen.
Es ist unser Wunsch, mit dieser Veranstaltung
erneut dazu beizutragen, dass in einem sachlichen Streitgespräch
zwischen Politikern und Vertretern der betroffenen Wirtschaftszweige
die gegenseitigen Argumente ausgetauscht werden können...